Eine Kündigung stellt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen bedeutenden Einschnitt dar. Während Arbeitgeber sicherstellen müssen, dass eine Kündigung formwirksam und rechtlich korrekt zugestellt wird, möchten Arbeitnehmer verstehen, ob eine Kündigung überhaupt wirksam zugegangen ist, denn eine Kündigung ist erst dann wirksam, wenn sie dem Empfänger tatsächlich zugeht.
Der Zugang ist damit ein entscheidender Punkt im gesamten Ablauf einer Kündigung und gleichzeitig eine unnötige Fehlerquelle im Arbeitsrecht. Im Folgenden wird betrachtet, wann eine Kündigung nach deutschem Arbeitsrecht tatsächlich zugeht, welche Zustellarten sich eignen und wie die Digitalisierung die aktuelle Rechtsprechung beeinflusst.
Was bedeutet "Zugang einer Kündigung" im Arbeitsrecht?
Warum der Zugang für die Wirksamkeit entscheidend ist
Auch wenn notwendige Kündigungsgründe vorliegen, das Kündigungsschreiben sorgfältig erstellt und unterschrieben wurde: Eine Kündigung ist entfaltet erst dann Ihre Wirkung, wenn sie dem Arbeitnehmer auch tatsächlich zugeht.
Das bedeutet juristisch: Das Schreiben muss so in den "Machtbereich" des Arbeitnehmers gelangen, dass er untergewöhnlichen Umständen die Möglichkeit hat,das Schreiben zur Kenntnis zu nehmen. Es kommt also nicht darauf an, ob er es wirklich liest oder lesen möchte, sondern dass er es lesen könnte.
Typische Beispiele für korrekt zugegangene Kündigungen:
- Der Brief liegt im Hausbriefkasten.
- Eine Kündigung wird persönlich übergeben.
- Ein Bote wirft die Kündigung ein und dokumentiert dies schriftlich.
Gesetzliche Grundlage: § 130 BGB und arbeitsrechtliche Besonderheiten
Die juristische Grundlage bildet § 130 Abs. 1 BGB. Danach wird eine Willenserklärung (wie eine Kündigung) wirksam, sobald sie "in den Machtbereich des Empfängers gelangt" und unter gewöhnlichen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.
Im Arbeitsrecht bedeutet das:
- Ein am späten Abend in den Briefkasten eingelegtes Schreiben kann erst am nächsten Tag wirksam werden
- Feiertage und Wochenenden spielen eine Rolle
- Briefeinwürfe während üblicher Zustellzeiten gelten regelmäßig als Zugang am selben Tag
Daher ist der Zugang keine Nebensächlichkeit, sondern die Grundlage für nahezu alle arbeitsrechtlichen Pflichten.
Wann gilt eine Kündigung als zugegangen?
Zugang in den Machtbereich des Arbeitnehmers
Das Kündigungsschreiben gilt als zugegangen, wenn:
- der Brief im Hausbriefkasten liegt,
- eine empfangsberechtigte Person das Schreiben entgegengenommen hat,
- der Arbeitnehmer sie persönlich überreicht bekommt.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer das Schreiben tatsächlich öffnet oder versteht. Entscheidend ist allein die objektive Möglichkeit der Kenntnisnahme.
Typische Beispiele für den Zugang in der Praxis
- Der Arbeitnehmer ist nicht zu Hause
Die Kündigung gilt trotzdem als zugegangen, sobald der Brief im Briefkasten liegt. - Der Briefkasten ist überfüllt
In der Regel wird auch dann ein Zugang angenommen, wenn der Brief noch hineingelegt werden konnte. - Der Name steht nicht am Briefkasten
Hier kann es problematisch werden. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass der Briefkasten des Empfängers gewählt wurde. - Annahme verweigert
Eine grundlose Annahmeverweigerung ersetzt den Zugang, d.h. selbst wenn der Arbeitnehmer die Annahme verweigert, geht die Kündigung zu.
Besondere Situationen: Urlaub, Krankheit, Krankenhausaufenthalt
Diese Fälle führen häufig zu Missverständnissen:
- Urlaub:
Auch während des Urlaubs gilt die Kündigung als zugegangen, sobald sie im Briefkasten liegt. - Krankheit oder Krankenhaus:
Der Arbeitgeber muss nicht prüfen, ob der Arbeitnehmer zu Hause ist. Eine extreme Ausnahmesituation (z.B. längere Auslandsreise oder Krankenhausbehandlung), von der der Arbeitgeber wusste, hingegen bildete eine Ausnahme von dieser Regelung. - Kur oder Reha:
Zugang ebenfalls möglich, entscheidend bleibt der Machtbereich des Empfängers
Für Arbeitnehmer bedeutet das, dass eine Kündigung auch dann wirksam werden kann, wenn sie sie erst Tage später öffnen. Das ist insbesondere für die Fristberechnung hinsichtlich der Erhebung einer Kündigungsschutzklage wichtig.
Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber solltest du immer durch einen Anwalt prüfen lassen, ob die Kündigung gerechtfertigt ist und Fristen eingehalten wurden, damit im Zweifel eine Kündigungsschutzklage eingereicht werden kann. Ich berate dich bei deinem Anliegen.
Wer muss den Zugang der Kündigung beweisen?
Beweislast des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber trägt die volle Beweislast dafür, dass eine Kündigung den Arbeitnehmer erreicht hat und wann dies der Fall war. Kann er den Zugang und dessen Zeitpunkt nicht vollständig belegen, geht dies im Zweifel zu seinen Lasten.
Für Arbeitgeber ist das besonders riskant, denn bereits kleine Fehler können dazu führen, dass:
- Fristen nicht eingehalten wurden
- Kündigungen verspätet oder gar nicht wirksam werden
- Kündigungsschutzklagen gewonnen werden
Welche Nachweise vor Gericht anerkannt werden
Anerkannt werden zum Beispiel:
- Botenberichte (sehr zuverlässig)
- Zeugen, die den Einwurf beobachtet haben
- Dokumentation der persönlichen Übergabe, per Unterschrift
- Dokumentierte Einwürfe oder Protokolle
Weniger sicher, und auch zunehmend problematisch, sind Einschreiben per Einwurf.
Ist die Kündigung per Einwurf-Einschreiben wirksam?
Problematik des Anscheinsbeweises
Früher konnte man beim Einwurf-Einschreiben von einem sogenannten Anscheinsbeweis ausgehen: Die Post stellte einen Auslieferungsbeleg aus, daraus ergab sich zuverlässig, dass und wann die Sendung eingeworfen wurde. Doch mit der Digitalisierung hat sich das verändert. Postboten scannen Sendungen oft schon vor dem tatsächlichen Einwurf und der Prozess ist nicht mehr so eindeutig nachvollziehbar wie früher. Die Vorlage des Einlieferungsbelegs mit der zugehörigen Sendungsnummer und abgerufenem Sendungsstatus wird vor Gericht daher nicht mehr als Anscheinsbeweis für den Zugang gewertet..
Aktuelle Rechtsprechung und digitale Sendungsverfolgung
Ein aktuelles Beispiel ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg (Urteil vom 14.7.2025 – 4 SLa 26/24), das klar festgestellt hat:
- Die Dokumentation der Post reicht nicht aus, das Verfahren sei zu fehleranfällig
- der Einwurf ist nicht eindeutig nachweisbar, insbesondere Adresse und Zeitpunkt der Auslieferung sind nicht erkennbar
- damit trägt der Arbeitgeber das Beweisrisiko
Das bedeutet, dass Kündigungen per Einwurf-Einschreiben vor Gericht scheitern können oder zu Fristenproblemen führen. Dasselbe gilt für die Zustellung anderer wichtiger Dokumente im Zusammenhang mit einer Kündigung, so etwa die Einladung zu einem BEM-Gespräch.
(Quelle: Beck Online )
Häufige Fehler bei Einwurf-Einschreiben
- falscher Briefkasten
- falsch zugeordnete Wohnungen
- Ablage im falschen Hausflur
- Scannen ohne tatsächlichen Einwurf
- digitaler Nachweis ohne Adresse
Das Einwurf-Einschreiben ist für Arbeitgeber also ein unnötiges Risiko. Für Arbeitnehmer hingegen ist es ein Ansatzpunkt für rechtliche Prüfung.
Du bist dir nicht sicher, ob deine Kündigung rechtmäßig zugestellt wurde oder wie du am besten und sichersten vorgehen solltest ? Ich berate dich individuell und passend zu deiner Situation.
Kündigung per Post: Welche Zustellarten sinnvoll sind
Einwurf-Einschreiben vs. Übergabe-Einschreiben
Das Übergabe-Einschreiben ist ebenfalls riskant. Wird der Arbeitnehmer nicht angetroffen, erhält er nicht die Kündigung, sondern nur eine Benachrichtigung, dass ein Einschreiben zur Abholung bereitliegt. Es gibt also bis zur Abholung keinen Nachweis über den Zugang. Und holt der Adressat das Schreiben einfach nicht ab, kann eine Kündigung nicht wirksam werden. Das Einwurf-Einschreiben ist wie gezeigt auch nicht sicher in der Beweisführung.
Persönliche Übergabe und Boten als sicherste Alternative
Die sichersten Methoden, um sicherzustellen, dass die Kündigung zugegangen ist, sind die persönliche Übergabe mit Empfangsbestätigung oder einer zweiten anwesenden Person als Zeugen oder der Einwurf durch einen Boten. Ein Bote (z.B. ein Mitarbeiter) kann im Zweifel bezeugen, dass der richtige Briefkasten gewählt wurde, der Einwurf tatsächlich stattgefunden hat und wann der Zugang erfolgt ist. Sinnvoll ist es, ein Foto anzufertigen und den Vorgang genau zu dokumentieren. Gerichte akzeptieren diese Nachweise regelmäßig.
Ungeeignete Zustellformen
Unwirksam oder rechtlich unwirksam sind:
- Fax
- PDF-Dokumente
- WhatsApp, SMS oder Messenger-Nachrichten
- Schriftstücke ohne Originalunterschrift
Eine Kündigung muss immer schriftlich im Original zugehen, auch ein Foto des Original-Schreibens, digital übersendet, genügt nicht.
Welche Fristen beginnen mit dem Zugang einer Kündigung?
Klagefrist nach § 4 KSchG
Für Arbeitnehmer besonders wichtig:
Die dreiwöchige Klagefrist beginnt mit dem Zugang der Kündigung.
(vgl. § 4 KSchG)
Wer innerhalb dieser Frist keine Kündigungsschutzklage erhebt, verliert seine Rechte, selbst wenn die Kündigung fehlerhaft war. Nach Erhalt der Kündigung ist also schnelles Handeln erforderlich. Ich unterstütze dich bei der Prüfung deiner Kündigung und falls nötig bei einer Kündigungsschutzklage.
Fristen für Arbeitsagentur und Meldepflicht
Arbeitnehmer müssen sich innerhalb von drei Tagen arbeitssuchend melden, um Sperrzeiten zu vermeiden. (vgl. § 38 SGB)
Auswirkungen auf Kündigungsfristen und Austrittsdatum
Die einzuhaltende gesetzliche, tarifliche oder vertragliche Kündigungsfrist beginnt erst ab Zugang der Kündigung. Wird eine Kündigung verspätet zugestellt, verschiebt sich ggf. auch das Ende des Arbeitsverhältnisses.
Ende der Probezeit oder Kündigungserklärungsfrist bei außerordentlichen/fristlosen Kündigungen
Willst du als Arbeitgeber einen Mitarbeiter in der Probezeit - genauer gesagt: in der Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes - kündigen, muss die Kündigung ihm spätestens am letzten Tag der Probezeit zugehen. Kannst du diesen Zugang nicht belegen, tritt Kündigungsschutz ein und deine Kündigung wird höchstwahrscheinlich unwirksam sein.
Wenn du hingegen eine außerordentliche, in der Regel fristlose, Kündigung aus wichtigem Grund aussprechen musst, hast du ab Kenntnis des Kündigungsgrundes nur zwei Wochen Zeit, die Kündigung auszusprechen. In dieser Zeit muss die Kündigung auch zugehen, sonst ist sie unwirksam.
Lass dich im Zweifel immer anwaltlich beraten, um die besten Möglichkeiten für dich in Erfahrung zu bringen.
Häufige Fehler beim Zugang einer Kündigung
Falsche/ungeeignete Zustellarten
- Einwurf-Einschreiben ohne sicheren Nachweis
- Übergabe-Einschreiben, die nicht abgeholt werden
- digitale Übermittlungen ohne Originalunterschrift
Unklare Empfangssituationen
- Einwurf in den falschen Briefkasten
- fehlende Beschriftung am Briefkasten
- Versand an alte oder falsche Adresse
Fehlerhafte Dokumentation
- keine Fotos vom Einwurf
- keine Zeugen
- unvollständige oder unklare Botenberichte
Sorgfältige Zustellung ist entscheidend für die Wirksamkeit der Kündigung
Der Zugang einer Kündigung ist juristisch komplex und zugleich entscheidend für den Erfolg einer Kündigung oder einer Kündigungsschutzklage. Fehler führen immer wieder dazu, dass Kündigungen unwirksam sind oder Fristen verpasst werden.
Für Arbeitgeber empfiehlt sich eine vorherige juristische Beratung, um die Zustellung des Kündigungsschreibens sicher und beweisfest zu gestalten.
Für Arbeitnehmer lohnt es sich, eine Kündigung prüfen zu lassen, da Zugangsfehler oft die Wirksamkeit angreifen.
Du hast eine Kündigung erhalten? Ich prüfe, ob diese wirksam ist und berate dich bei allen Fragen im Arbeitsrecht!










